20.05.2021

Die Fußbodenbranche will nachhaltig(er) werden

Die Baubranche verursacht aktuell 6 % des jährlichen Plastikmülls in der Europäischen Union; mit Abstand größter Müllproduzent ist die Verpackungsindustrie. Diese bekommt bereits Druck seitens der EU, die Kreislaufwirtschaft zu fördern: Seit Anfang 2021 wird eine „Plastiksteuer“ von 0,80 EUR für jedes Kilogramm Plastikabfall erhoben, das nicht aus recycelten Materialien besteht.

Soweit ist es bei Bodenbelägen noch nicht. Dennoch ist dort viel Luft nach oben. Denn tatsächlich werden aktuell nur 5 % aller Bodenbelagsabfälle recyceclt. Das Gros wird verbrannt oder deponiert. Es gibt auch nur wenige Vorstöße in Richtung Recycling und diese sind zumeist isolierte Bemühungen oder beinhalten nur einzelne Aspekte. Eine konzertierte Aktion fehlte bislang.

Rund 70 % des europäischen Bodenbelagssektors sind in CISUFLO repräsentiert

Deshalb hat die Branche das Projekt CISUFLO aufgesetzt. Sie will nicht so lange warten, bis Druck oder Auflagen aus der Politik kommen - gerade vor dem Hintergrund des EU-Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft. CISUFLO, Circular sustainable floor coverings, d.h. kreislauffähige, nachhaltige Bodenbeläge, ist eine gemeinsame Initiative der European Floor Coverings Association (EuFCA) und weiterer Akteure wie Forschungsinstituten, Recyclingunternehmen und Behörden. Insgesamt sind über 50 Partner daran beteiligt, ca. 70 % des europäischen Bodenbelagssektors sind repräsentiert.

Das Projekt läuft über 48 Monate und wird finanziert mit einem Budget von 7,7 Mio. EUR aus dem EU-Programm „Horizont 2020“, das Innovation und Forschung unterstützt. 390.000 EUR gehen direkt an die EuFCA.

CISUFLO soll Innovationen für und die Entwicklung von kreislauffähigen Lösungen für Laminatböden, textile und elastische Beläge, speziell Vinyl, vorantreiben. „Unsere Intention ist, mehr Produkte der Kreislaufwirtschaft zuzuführen und den Übergang zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Fußbodenbranche zu erleichtern,“ erklärt MMFA-Präsident Matthias Windmöller, „so wollen wir dazu beitragen, die Ziele des EU-Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft und der EU-Industriestrategie zu erreichen“.

Zahlreiche Herausforderungen auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Das ist ein komplexes Unterfangen. Denn die Branche sieht sich auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft zahlreichen Herausforderungen gegenüber. Das fängt an bei der Wertschöpfungskette; bislang ist sie strikt linear aufgebaut von der Wiege (dem Rohstoff) bis zur Bahre (Rückgewinnung) und soll in ein Kreislaufmodell umgewandelt werden. Das geht weiter über länderspezifische Gesetzgebungen bis hin zu diversen Produkttypen mit verschiedenen Rohstoffen und Additiven sowie unterschiedlicher Nutzungsdauer. CISUFLO will für all diese Aufgabenstellungen einen ganzheitlichen Lösungsansatz finden, in dem gleichwohl alle Aspekte berücksichtigt werden. Übergreifende Standards sollen gesetzt und Zertifizierungssysteme entwickelt werden.

Sechs Pilotprojekte befassen sich gezielt mit bestimmten Handlungsfeldern:
1. Fertigung, sprich Design und Rohstoffe, die auf eine längere Lebensdauer und ein späteres Recycling einzahlen,
2. Sortierung mittels automatisierter, per KI selbstlernender Systeme,
3. Separation der verschiedenen Komponenten eines Bodenbelags,
4. Laminatrecycling, der Anteil Recyclingmaterial soll mindestens 80 % betragen, mindestens 90 % der Bestandteile sollen recycelbar sein,
5. Vinylrecycling und
6. Teppichbodenrecycling.


EPLF und MMFA versprechen sich eine hohe Durchschschlagskraft von CISUFLO. Windmöller: „Bis 2024 könnte der Anteil recycelter Bodenbeläge auf 15 %, bis 2029 auf 30 und bis 2035 auf 80 % erhöht werden.“ Und auch ökonomisch wird ein großes Potenzial gesehen. Würden nur 30 % auf dem Markt umgesetzt, entstünden ein zusätzlicher Umsatz von 5 Mrd. EUR und ca. 12.000 Arbeitsplätze in der Kreislaufwirtschaft. „Im Holzsektor sogar bei über 22 Mrd. EUR bzw. 100.000 Arbeitsplätzen“, sagt EPLF-Präsident Max von Tippelskirch.
CW


CISUFLO = Circular sustainable floor coverings, d.h., kreislauffähige, nachhaltige Bodenbeläge
Projektdauer: 48 Monate
Partner: 19 einschließlich EPLF und MMFA via EuFCA, 32 weitere Assoziierte
Budget: 7,7 Mio. EUR, davon 0,39 Mio. EUR für EuFCA
Ziel: Den Marktanteil kreislauffähiger Bodenbeläge deutlich erhöhen, Laminat, elastische (Vinyl) und textile Beläge nachhaltiger, ressourcen- und klimaschonender machen
Die Fußbodenbranche will nachhaltig(er) werden
Foto/Grafik: Archivbild SN-Verlag
Max von Tippelskirch:, EPLF-Präsident: „Im Holzsektor entstünde ein zusätzliches Potenzial von 22 Mrd. EUR Umsatz bzw. 100.000 Arbeitsplätzen.“
Parkett Magazin
Parkett Magazin
Kontakt

Verlag