Holz-Studio Oberacher - Sonderpreis: Unternehmerischer Mut 2017
Holz-Studio Oberacher in Oberndorf, Österreich

Holz-Studio Oberacher in Oberndorf, Österreich

„Ohne Brand hätte ich das Gute nie erfahren“


Der Umbau ist fast fertig, da brennt das Holz-Studio Oberacher im österreichischen Oberndorf Samstagnacht ab. Bereits Montag­nachmittag geht der Betrieb schon weiter. Die Verantwortung als Arbeitgeber bestärkt Martin Oberacher, sofort mit Eigenkapital den Fortbestand zu sichern. „Der Zuspruch, den ich dann erfahren durfte, hat mein Leben bereichert“, zieht er Bilanz. Seinen unternehmerischen Mut ehrt die Jury mit einem Sonderpreis.

Der Anblick des Holz-Studios Ober­acher in Tirol vor dem Bergmassiv des Wilden Kaiser ist eine Augenweide. Wie Phönix aus der Asche ist es wieder auferstanden. Am 16. Mai 2015 zerstörte ein verheerender Brand einen Großteil des Lagers und das Gebäude mit der neuen Ausstellung. 14 Tage später sollte die offizielle Eröffnung sein. Vermutlich hatte übergroße Hitzeentwicklung in einem Sicherheitsbehälter für ölgetränkte Lappen den Brand verursacht. Den TÜV-geprüften Spezialbehälter hatte eine Entsorgungsfirma bereitgestellt. Sicher ist die Brandursache allerdings nicht, und die Versicherung verweigerte damit zunächst jede Leistung.

Die Segel sofort in den Wind gestellt

Holz-Studio Oberacher in Oberndorf, Österreich
Holz-Studio und Stoff-Studio unter einem Dach. Zum individuell gefertigten Parkett erhält der Kunde auch Polster und Fensterdekotationen.
Wer sich mit Martin Oberacher unterhält, ist in manchen Punkten überrascht. Nach dem ersten Schock am Sonntag war für ihn und seine Frau Ulrike klar, „der Betrieb muss sofort wieder ins Laufen kommen“. Daran hängen die Existenzen von 24 Mitarbeitern und ihren Familien. Sie müssen weiter vertrauen können und die Sicherheit im Unternehmen spüren. Aus guten Zeiten war ein Rückhalt da, so dass der Firmengründer den Wiederaufbau auch ohne Versicherung in Angriff nahm. Die anschließende Welle an Hilfsbereitschaft überwältigt Martin Oberacher bis heute. Seine Mutter bot sofort ihr Erspartes an. Am Montag in der Früh machten Nachbarn im Gewerbegebiet Büros frei oder stellten Maschinen zum Arbeiten zur Verfügung. Die Mitarbeiter standen parat, so dass am Nachmittag bereits wieder der Betrieb aufgenommen und Ware, die bereits auf den Baustellen war, eingebaut wurde. In einem zweiten Lager lag noch weiterer Vorrat. Als Provisorium für die Wiederaufbauzeit wurden dann ein Container und ein Zelt auf dem Nachbargrundstück aufgestellt. Ausstellung und Werkstatt hatten darin Platz. Die Bank stellte sofort einen Finanzrahmen bereit. Selbst Wettbewerber und Kunden signalisierten Mithilfe, um den Betrieb in Gang zu halten. „In unserer Tiroler Mentalität ist der Zusammenhalt stark verwurzelt, da er das Überleben in der Bergregion sichert“, erklärt Oberacher. „Doch so viel Zuspruch zu erfahren ist ein überwältigendes Gefühl, das mein Leben nachhaltig bereichert,“ strahlt er und gewinnt dem Brand damit eine positive Seite ab.

Ein starkes „Wir-Gefühl“ prägt das Team des Parkettlegebetriebs. Zum jährlichen Betriebsausflug fahren alle gemeinsam fünf Tage zum Segeln nach Kroatien, manche sogar mit Familie. Dahinter steckt keine Teambildungsmaßnahme, sondern ein Hobby, das Martin Ober­acher mit neun Mitarbeitern teilt. Gemeinsam haben sie ihre Segelscheine erworben. Mit so vielen Skippern im Schlepp chartert Ober­acher dann mehrere Boote und stellt die Segel in Wind, auch im Jahr des Brandes. Dass so rasch wie möglich wieder das Gefühl von Normalität einkehrt, war Oberacher wichtiger, als irgendwo einzusparen. So behielten alle Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz – auch in der kritischen Zeit als das Holz-Studio zum zweiten Mal aufgebaut wurde. Für Martin Oberacher war sein Handeln selbstverständlich. Sein Team ist stolz auf ihn und das Unternehmen, das seit April 2016 wieder in vollem Glanz erstrahlt. Markus Schwabegger hat daraufhin heimlich eine Bewerbung zum Parkett Star eingereicht. Oberacher erfuhr erst nach der Jury-Entscheidung davon.

Holz-Studio Oberacher gepaart mit Stoff-Studio

Holz-Studio Oberacher in Oberndorf, Österreich
Holz-Studio und Stoff-Studio unter einem Dach. Zum individuell gefertigten Parkett erhält der Kunde auch Polster und Fensterdekotationen.
Nicht nur außen, auch innen beeindruckt das Holz-Studio mit seinem großen offenen Raum und der emotionalen Beleuchtung. Der außergewöhnliche Parkettboden mit dem kreisförmig angelegten Zentrum fällt auf. Wandteile übernehmen die Rundung in den Raum hinein und bieten eine Kulisse für individuelles Mobiliar. Schon beim Eintritt ist klar: hier ist man auch auf extravagante Lösungen vorbereitet. Nach rechts geht es in den Bereich Boden, wie an den Holzdielen zu sehen ist, links das Pendant in Stoff. Die langen Stoffbahnen im Stoff-Studio animieren zum Anfassen. Es ist das neue Reich von Schneidermeisterin Ulrike Oberacher. Mit ihrem Faible für Stoffe hat sie die Raumausstattung ins gemeinsame Unternehmen eingeführt und ihrem Mann eine hervorragende Ergänzung zum Holz-Studio geschaffen. Über die Tischlerwerkstatt werden der anspruchsvollen Kundschaft zum Parkettboden so auch individuelle Polstermöbel und Raumdekorationen gefertigt.

„Innenarchitekten gibt es genug, wir bieten ihnen Speziallösungen mit hochwertiger Handwerksleistung “, schränkt Ulrike Oberacher ein. Für Holz- und Stoffstudio arbeiten in der Produktion 18 gelernte Tischler, Bodenleger, Schneiderinnen und eine Tapezierermeisterin. Insgesamt sind fünf Meister im Unternehmen. Sie bilden auch weiteren Nachwuchs aus.

In der Region verwurzelt

Oberacher hat in seiner Geschäftsausrichtung nicht nur die oberen Zehntausend im Blick. Dieser designorientierte Kundenkreis mit noblen Anwesen im Tiroler Unterland oder Zweitwohnung in Kitzbühel erhält von ihm beispielsweise handgefertigte Manufakturdielen für sehr individuelle Böden. Als Tiroler ist er jedoch in seiner Region verwurzelt und will den Bezug zur einheimischen Bevölkerung keinesfalls verlieren. Es ist ihm ein Bedürfnis, auch der „Oma mit kleiner Rente“ noch ihren Holzboden liefern zu können, auch wenn er vielleicht nicht immer die volle Kalkulation ansetzen kann. Daher rundet ein schlichter Lärchenboden das hochpreisige Sortiment ab.

In der neuen Ausstellung gibt es nur 86 Musterplatten für Parkettböden. Teils liegen sie 60 x 90 cm groß in Schüben, teils sind es Auszüge mit 75 x 240 cm. Das Konzept zielt nicht auf Warenpräsentation, sondern auf Ambiente für die Beratung. „Als Verkäufer muss ich zuhören, wofür der Kunde den Boden will und mit zwei, drei Griffen den für ihn Passenden greifen“, erklärt der Profi. „Qualität ist dann die Summe aus gutem Produkt plus guter Handwerksleistung.“ Mit Präzision und Know-how baut Oberacher auch bei schwierigen Rahmenbedingungen und extremen Ansprüchen funktionsfähige Böden ein.

Der Fortbestand des Unternehmens und damit die Sicherheit der Arbeirsplätze seiner Mitarbeiter liegen dem Firmengründer am Herzen. Ihm ist bei der Nachfolgeregelung nicht wichtig, wer Eigentümer ist, sondern, dass sie funktioniert. Sein Neffe Marco Koidl ist bereits mit Unternehmensanteilen in die Verwaltung eingebunden. Er soll sich später mit Sohn Simon, der als Bodenlegermeister im handwerklichen Bereich tätig ist, die Geschäftsleitung teilen. „Mit der Verteilung der Last auf zwei Schultern haben die Jungen noch Zeit für eine Familie“, hofft Oberacher. Tochter Maria, die gerade ihre Ausbildung im Bereich Raumausstattung macht, hat später freie Wahl.sm

Sonderpreis: Unternehmerischer Mut des Jahres 2017
Holz-Studio Oberacher
Paß-Thurn-Straße 20
06372 Oberndorf - Österreich
eMail: info@holz-studio.at
Internet: www.holz-studio.at
Telefon: +43 5356 62085
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